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Ruth Lyon: Poems & Non Fiction (Review)

Artist:

Ruth Lyon

Ruth Lyon: Poems & Non Fiction
Album:

Poems & Non Fiction

Medium: CD/LP/Download
Stil:

Indie Folk, Singer/Songwriter

Label: Pink Lane Records
Spieldauer: 36:21
Erschienen: 13.06.2025
Website: [Link]

Schon wenn man das schwarzgesprenkelte Vinyl auf grünem Grund aus der mit allen Texten bedruckten LP-Innenhülle klaubt, bekommt man einen echten Hingucker geboten. Natürlich wirft das sofort die Frage auf, ob die auf die beiden Rillen gepresste Musik hinter „Poems & Non Fiction“ von RUTH LYON auch zu einem echten Hinhörer wird.
Sie wird es – aber immer mit einem gewissen melancholischen Grundton, wofür es mehr als nur einen guten Grund gibt, der sich bereits auf dem zweiten Song der LP, dem „Wickerman“, deutlich ankündigt.


So farbenfroh wie das Vinyl sind die Musik und Texte hinter „Poems & Non Fiction“ auf jeden Fall. Diesbezüglich sagt der Titel schon genug und hält genau das, was er verspricht: Ehrliche anspruchsvolle Texte, klar und deutlich, fast dokumentarisch ohne übertriebene Spinnereien, aber trotzdem sehr bildhaft. Manchmal sogar schaurig schön, sodass sie einem tatsächlich einen Schauer über den Rücken treiben. Vom ersten bis zum letzten Song...

Was die britische Indie-Folk-Musikerin hier (nach mehreren EPs) auf ihrem Debüt-Album zu bieten hat, verdient Hochachtung. Eine ganz ähnliche Hochachtung wie man sie in ihren Anfangszeiten einer SUZANNE VEGA oder PJ HARVEY, aber auch der weniger bekannten, doch ebenso guten ANNA TERNHEIM, entgegenbrachte. Denn genau in diesen Breiten entfaltet sich auch das musikalisch-textliche Lyon-Universum.


Doch es gibt noch eine weitere außergewöhnliche, sehr traurige Besonderheit. Denn RUTH LYON besitzt tatsächlich eine göttliche Stimme. Aber sie ist schwerbehindert. Seit ihrem 15. Lebensjahr leidet sie an einer schweren juvenilen Arthritis, die zur Folge hatte, dass sie seit ihrem 21. Lebensjahr im Rollstuhl sitzt. Ohne Scheu thematisiert sie diese Tatsache auch in vielen ihrer Lieder und besingt die Erfahrungen ihrer Krankheit genauso wie die als Rollstuhlfahrerin, wobei sie oft zu dem Ergebnis kommt: „Im Musikbusiness muss sich noch sehr viel verbessern!“
Zudem ist für sie so ein Leben mit und zwischen den Büchern in den Mittelpunkt gerückt, was sie in dem Song „Books“, in dem auch die Zeile, welche zum Albumtitel wurde, auftaucht, gerückt. Denn wenn der Körper 'streikt' wird oft gerade der Geist um ein Vielfaches aktiver.


Gerade aus dieser Tatsache heraus wird die extrem intensive Wirkung ihrer Musik noch mehr verstärkt. Selten nur hört man nämlich ein dermaßen emotionales, aber auch melancholisches Album wie „Poems & Non Fiction“.

Der Song „Confetti“ mit seiner zarten Bar-Jazz-Affinität lässt einen beispielsweise sprachlos zurück. Er grenzt schon an Genialität, weil er jeden, der das Herz noch immer auf dem rechten Fleck hat, tief berührt: „Darkness will you wait? / I'm bleeding out in my anger. / I need to wring my heart out, / wrap it in newsprint / until it's dried out and ready.“


Am besten aber wird die Wirkung von RUTH LYONs Musik tatsächlich direkt unter ihrer Homepage beschrieben, wenn es dort heißt: „Ihre Songs sind reich an poetischen Nuancen und den unkonventionellen Erkenntnissen eines jungen, in vollen Zügen gelebten Lebens. Es ist eine faszinierende Mischung aus analogem und kantigem Anti-Folk, die der Stille ebenso viel Aufmerksamkeit schenkt wie dem Klang und sich durch dezente, aber kraftvolle Grooves auszeichnet. Ihre Musik schimmert zwischen dem Abstrakten, dem Archetypischen und der nackten Wahrheit. Die Bedeutung lauert direkt unter der Oberfläche und fordert die Zuhörer dazu auf, ihren Emotionen eine feste, greifbare Form zu geben“.


In diesem Sinne nimmt man RUTH LYON sogar ihre geheimnisvolle Erscheinung auf dem Album-Cover ab, auf dem sie in gewisser Weise an die in Marmor gehauene Göttin Athene erinnert.
Dazu diese unglaubliche Stimme in all ihrer warmen Tiefe und Zärtlichkeit. Wird hier eine zweite TANITA TIKARAM mit einem Hauch TORI AMOS geboren?
Selten nur strahlt eine dermaßen charismatische Stimme solch übernatürliche Referenzen aus.
Genauso klingt RUTH LYON auch – und selbst in der Gefahr, sich hier zu wiederholen, noch einmal: Göttlich!


FAZIT: Mit einer Stimme, die man nicht vergisst (vielleicht auch weil sie einen an TANITA TIKARAM erinnert), singt die an den Rollstuhl gefesselte RUTH LYON auf „Poems & Non Fiction“ geheimnisvoll schöne und nachdenkliche wie sehr emotionale Songs, in denen sie deutlich auch das Leben mit Behinderung und ein dadurch erzwungenes 'Anders-Sein' thematisiert. Indie Folk auf der Höhe der Zeit, in dem die poetischen Texte der britischen Songwriterin genauso stimmig sind, wie die breit gefächerte (oft melancholische) Musik, die vor zarten Bar-Jazz-Klängen genauso wenig zurückschreckt wie vor weit ausholenden Streichern und Bläsern.

Thoralf Koß - Chefredakteur (Info) (Review 143x gelesen, veröffentlicht am )

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Wertung: 13 von 15 Punkten [?]
13 Punkte
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Tracklist:
  • Seite A (17:03):
  • Artist (3:52)
  • Wickerman (3:32)
  • Books (3:27)
  • Perfect (3:07)
  • Hill (3:05)
  • Seite B (19:18):
  • Confetti (2:57)
  • Caesar (3:35)
  • November (2:58)
  • Cover (3:21)
  • Weather (3:07)
  • Seasons (3:20)

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